Zeitzeuge – Adam Pippus

Zeitzeugenbericht Adam Pippus

Vertreibung ist eine Geschichte der Freundschaften und Bindungen.

… wir dürfen nicht schweigen, damit nicht unser Schweigen ein Freibrief wird

Adam Pippus, Vertrieben aus Donauschwaben

Sein Heimatort Petlovac (Jugoslawien) und die Familie von Adam Pippus konnten sich, anders als es in anderen Gebieten der Fall war, auf die Flucht vorbereiten. Die Front rückte näher, erste Flüchtlinge kamen im Ort an. Man schlachtete das Vieh, vergrub Wertgegenstände oder mauerte Hausrat in Kellerräumen ein; immer in der Hoffnung, bald zurückkehren zu können.

Adam Pippus war 11 Jahre alt, als er im November 1944 mit sämtlichen Kindern und Jugendlichen seines Heimatortes in einem Transportzug über Fünfkirchen, Wien und Prag nach Reichenberg und dort in ein Lager gebracht wurde. Etwas später verließen auch die Frauen, ältere Frauen und Frauen mit Kleinkindern, sein Dorf. Sie wurden einwaggoniert; 25 bis 30 Personen pro Viehwaggon. Adams Mutter und Bruder kamen nach Ringleben bei Erfurt. 2 Tage vor Weihnachten wurde auch Adam von ihr nach Ringleben geholt.

Als 1946 die sowjetische Militärverwaltung Erfurt die Repatriierung von Gruppen verschiedener Nationalitäten einleitete, meinten viele, sie könnten den Rückweg antreten. Was folgte, war eine Irrfahrt, die schnell endete. Bald war die kleine Familie wieder in Ringleben. Der Vater kam 1947 aus der Gefangenschaft hinzu.

Adam lernte den Beruf des Schneiders, in dem er später sehr erfolgreich sein und die Welt sehen sollte – bis in die Mongolei kam er. 1953 bereits heiratete er seine Frau Katharina, die aus Darda (Jugoslawien) stammt und mit der er noch heute zusammenlebt. Sie sind nun seit 70 Jahren verheiratet.

zeitzeugen heute

„Jedes Jahr kehrten wir zurück.“

Mit der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland wurde es endlich möglich, sich zusammenzufinden. 1992 gründete sich der Verein Landsmannschaft der Donauschwaben in Thüringen. Adam Pippus wurde Mitglied im dazugehörigen Bundesverband wie auch im BdV-Landesverband Thüringen – und wurde zum Landesvorsitzenden gewählt.

Jedes Jahr, von 1996 bis 2019 – dann wurde es aus gesundheitlichen Gründen schwierig – kehrten Katharina und Adam Pippus in ihre Heimatorte zurück, pflegten bestehende Freundschaften, schufen neue und fanden eine gewaltige Aufgabe: den Wiederaufbau der zerstörten Kirche seines Heimatortes Petlovac. 9 Jahre widmeten sich Katharina und Adam Pippus diesem Projekt, sammelten Spenden um Spenden und schafften es, 191.125 Euro für den Aufbau zu erhalten. 2006 konnte die Kirche, zu der auch ein Heimatmuseum zu Ehren der Vorfahren und Nachkommen und eine Gedenktafel für die Verstorbenen der Heimat, die Gefallenen und Vermissten des 2. Weltkrieges gehören, feierlich eingeweiht werden.

Viel Dank und große Ehren erhielt Adam Pippus für sein Werk, so auch das Bundesverdienstkreuz am Bande der BRD.

2023 ist es 79 Jahre her, dass Katharina und Adam Pippus ihre Heimat verlassen mussten. Dazu sagt er:

„… wir dürfen nicht schweigen, damit nicht unser Schweigen ein Freibrief wird, für jene, die Tag für Tag die Menschenrechte verletzen und so Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen, weil sie darauf rechnen, dass ihre Schandtaten schließlich verjähren und vergessen werden.“

191.125

Euro sammelte Adam Pippus an Spenden für den Wiederaufbau der Kirche im Heimatort

9

Jahre deutsch-kroatische Organisations- und Zusammenarbeit

262.700

Vertriebene aus den Ostgebieten