Leserbrief zum Artikel der TA

Leserbrief zum Artikel in der Thüringer Allgemeinen vom 06.02.2025 „Wagner warnt vor Vernachlässigung der NS-Rhetorik“ von Frau Erika Hesse, Heimatvertriebene aus Harztor, Vorsitzende BdV Ortsverband Niedersachswerfen

In der Thüringer Allgemeinen vom 06. Februar kritisiert der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald-Mittelbau Dora, Prof. Dr. Jens Christian Wagner die CDU. In deren Wahlprogramm fehle die Erinnerungskultur an die NS-Verbrachen, dafür beinhaltet es aber die Flucht und Vertreibung der Deutschen nach 1945.

Aber dass die neue CDU geführte Thüringer Landesregierung den obligatorischen Besuch von Gedenkstätten wieder in die Lehrpläne der Schulen aufnehmen will, begrüßen er nicht und bezieht dazu auch keine Stellung.

Ich mahne ebenso eine Erinnerungskultur an. Als ehemaliger Leiter der Gedenkstätte Mittelbau Dora haben er sowie auch seine Nachfolger bei der Erforschung der Geschichte des Lagers Lücken hinterlassen. Aus welchem Grund, ist vielen unerklärlich und sie leiden noch heute im hohen Alter darunter.

Als ehemalige Lehrerin habe ich zu DDR-Zeiten jährlich das Außengelände der Gedenkstätte Dora mit meinen Schülern gepflegt, alle Gedenkfeiern mit Ihnen besucht. Wir waren jedes Mal betroffen.

Nach der Wende habe ich eine vollständige Aufarbeitung der Geschichte des Lagers erwartet. Ich habe alle Gedenkveranstaltungen besucht, nie wurde erwähnt, dass nach der Befreiung im Jahr 1945 die Heimatvertriebenen in offenen Viehwaggons, Mütter mit Kindern und viele alte Menschen völlig ausgehungert in die verlausten Häftlingsbaracken auf Strohballen mit nur einer Mahlzeit am Tag in dem eingezäunten Gelände untergebracht wurden, bis sie später in den Steinbaracken ohne Fenster und Türen ein „neues Zuhause“ im nahegelegenen Ort Niedersachswerfen zugewiesen bekamen.

Zur gleichen Zeit waren auch ehemalige NSDAP-Mitglieder im ehemaligen „Lager Dora“ inhaftiert und wurden von der Roten Armee bewacht. Diese machten keinen Unterschied zwischen den NSDAP-Mitgliedern und den Heimatvertriebenen.

Bei der Eröffnung der Dauerausstellung habe ich dieses Thema in einer Diskussion angesprochen. Auch der Leidensweg der Vertriebenen mit der unmenschlichen Unterbringung in einem ehemaligen Konzentrationslager gehört in die Chronik des Lagers. Das gehört ebenso zu einer Erinnerungskultur und ich erwarte vom Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald – Mittelbau Dora im Interesse der Heimatvertriebenen einen

Platz in der Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers Mittelbau Dora dahingehend zu gestalten.

Erika Hesse